MANN UND FRAU

FÜNFZIG


Ich möchte Ihnen hier eine Geschichte erzählen, eine Fabel. Sicher werden Sie sie kennen, aber lassen Sie mich Ihre Erinnerung auffrischen:

Es war einmal ein Fuchs, der zur Zeit der Traubenernte durch einen Weingarten schlich. Er schmiegte sich zwischen den ranken Rebstöcken durch und bekam gar bald großen Appetit auf die saftigen Trauben, die, einige blond wie die Sonne, andere dunkel wie die Nacht, verlockend über seinem Kopfe hingen.
Der Fuchs hob die Schnauze, schnupperte gierig und schnappte zu. Allein, er biß ins Leere. Er kroch zur nächsten Rebe und versuchte, plötzlich hochschnellend, nochmals sein Glück. Auch dieser Versuch ging daneben. Die herrlichen Früchte waren einfach nicht in seiner Reichweite. Der Fuchs stellte sich auf die Hinterbeine und sprang. Und sprang. Es half nichts. Oft, wenn er schon glaubte, sein Ziel erreicht zu haben, wirkten im letzten Augenblick die Naturgesetze und er fiel zurück auf die Erde.
Als unser Fuchs endlich eingesehen hatte, daß ihm die Trauben versagt bleiben würden, sagte er zu sich selbst:
"Ich will diese Trauben ja gar nicht. Die sind mir doch viel zu sauer."
Doch die Blicke, mit denen er sie weiterhin musterte, straften seine Worte Lügen....

Copyright Bernhard Kauntz, Västerås, Schweden, 1996


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