Rosas in Katalonien


Es sind nur gute zwanzig Kilometer Luftlinie und an Land etwa dreißig, die die Stadt Rosas von der französischen Grenze entfernt ist. Sie liegt knappe zwanzig Kilometer östlich von Figueras, dem Geburtsort Salvador Dalís und an der Südküste vom Cap de Creus, dem östlichsten Punkt Spaniens am Festland. Bis Girona, der Provinzhauptstadt, sind es gute fünfzig Kilometer und bis Barcelona gute hundertfünfzig. Quer über das Meer sind es ein wenig mehr als zweihundert Kilometer nach Marseille.
An der Nordseite einer schützenden Bucht belegen, die einen natürlichen Hafen erbietet, war diese Stadt an der "wilden Küste", der Costa Brava, immer schon ein beliebter Siedlungsort. Die ersten Funde verschiedener Pfeilspitzen gehen ungefähr 15.000 Jahre zurück. Handfestere Überreste aus alter Zeit sind in den Bergen in der Nähe weit verstreut zu finden.

Der äußerste Nordosten Spaniens
Dort gibt es nämlich megalithische Dolmen, Menhire und Steinhütten. Sie sind etwa 5000 Jahre alt.
Es gibt eine Gründungsgeschichte, die auf das Jahr 796 v. Chr. zurückgeht, die aber vermutlich nur eine Legende ist. Nach ihr sollten sich damals die Rhodier, Siedler aus dem griechischen Rhodos, hier niedergelassen haben. Das ist unwahrscheinlich, auch wenn die Stadt früher Rhode geheißen hat. Es dürfte so sein, dass es wohl Griechen waren, die hier eine neue Siedlung gründeten, aber erst im fünften oder vierten Jahrhundert vor Christus. Diese Griechen kamen außerdem wahrscheinlich aus Marsalia, dem heutigen Marseille, das im Jahr 600 v. Chr. als vermutlich westlichste griechische Siedlung angelegt wurde.
Aus dem vierten Jahrhundert hat man auf jeden Fall eine Silberdrachme gefunden, die an der Vorderseite den Kopf einer Göttin zeigt, auf der Rückseite eine Rose. Die Behauptung, dass das ein Zeichen dafür sein soll, dass diese Münze in Rosas geprägt wurde, kann aber nicht stimmen. Denn weder die Rhodier noch der damilige Name der Stadt, Rhode, hat etwas mit einer Rose zu tun ...
Nach den Griechen kamen die Römer als Herrscher, die ersten christlichen Gemeinden entstanden und später hatten die Visigoten eine zeitlang Einfluss.

Hier haben die Griechen ihre Töpferwaren hergestellt
Im Mittelalter schließlich wurde unsere Stadt dem Königreich Aragon eingegliedert. All dies geschah allerdings nicht auf dem Areal der heutigen Stadt, sondern in dem von der mittelalterlichen Stadtmauer abgegrenzten, fünfeckigen Teil, der Ciutadella (oder Ciudadela auf Spanisch). Das Gebiet dieses wunderbaren Museums (mit allen Fundstücken der Ausgrabungen) und Freilichtmuseums (mit den Ausgrabungen selbst) beherbergte also die respektiven Einwohner bis ins späte 18. Jahrhundert. Dann begannen immer mehr Menschen, sich östlich der Ciutadella niederzulassen.
Teile der mittelalterlichen Stadtmauer von außen
Der Bau der heutigen Kirche im Jahr 1796 zeugt davon. Als schließlich napoleonische Truppen die alte Festungsstadt besetzten, plünderten und dann auch noch niederbrannten, hatten die letzten Bewohner ebenfalls ihre Heimstätte verloren.
Zur Ciutadella gehörte auch die Festung Trinidad (Trinitat, beides bedeutet aber Dreieinigkeit), an der äußersten nördlichen Spitze der Bucht. Sie wurde von Kaiser Karl V (beziehungsweise Carlos I von Spanien) im Jahr 1544, zusammen mit der Stadtmauer, in Auftrag gegeben. Auch sie wurde von den Franzosen zerstört.

Die Kirche von Rosas
Sie wurde in neuerer Zeit nach einem höchst fragwürdigen Konzept wieder aufgebaut.
Im Jahr 1950 zählte die Stadt 2700 Einwohner, die sich hauptsächlich vom Fischfang ernährten - heute sind es mehr als 20.000, die sich um die über 100.000 Touristen kümmern, die jedes Jahr nach Rosas kommen. Die Fischerei ist aber immer noch ein bedeutender Teil des Alltags, besonders in der Hauptsaison zwischen September und Anfang März. Davon Zeugen auch die Möwen, die in großen Scharen selbst fischen, aber vor allem den heimkehrenden Fischerbooten folgen.
Dann aber ist die Küste an sich erlebenswert. Auch Salvador Dalí hat es wert gefunden, die Küste von Rosas in einem Gemälde zu verewigen. "Erscheinung meiner Cousine Carolinetta an der Küste von Rosas." Hier wechseln sich Sandstrände in Buchten mit starren und steilen Felsen ab, die zum Beispiel, wie am Cap Norfeu, einer gewaltigen Tierpranke mit spitzen Klauen gleichen. Dazu gibt es eine Legende: Als Orpheus hier vorbeikam, fand er die Gegend so schön, dass er beschloss, den Pyrenäen ein Lied zu widmen.
Dalis Cousine
Die Berge waren von seiner Musik so betört, dass sie immer näher rückten und schließlich verzaubert ins Wasser fielen. So bildeten sie das ganze Cap de Creus und nicht zuletzt die Bucht von Rosas.
Die ganze Halbinsel im Norden von Rosas ist ein großer Naturpark, der von den östlichsten Ausläufern der Pyrenäen gebildet wird. Auf einer größeren Landkarte wirkt das Cap de Creus wirklich völlig unmotiviert, was vermutlich zur Orpheus-Legende beigetragen hat.
Auf dem Cap de Creus lag auch 'elBulli' eines der fünfzig besten Restaurants der Welt, die mit drei Sternen im Michelin-Guide vertreten waren. Leider hat dieses Lokal im Jahr 2011 zugesperrt.
elBulli hat eine interessante Entstehungsgeschichte. 1961 hatte ein Deutscher namens Hans Schilling mit seiner tschechischen Gattin Marketa die Idee, an der Bucht von Montjoi, sieben Kilometer durch einen Sandweg von Rosas getrennt, ein Restaurant zu eröffnen. Der Name kam von den Bulldoggen, die die Schillings besaßen. Alle erklärten das Vorhaben für verrückt. 1964 wurden die Tore aufgeschlagen - und es gelang, Menschen bis hierher zu locken. Zwölf Jahre später kam der erste Stern im Michelin. Acht weitere Jahre später kam Ferran Adrià als Koch und 1987 als Chefkoch. Seine neue Küche brachte schon 1990 den zweiten und 1997 den dritten Stern. Für die 8000 Mahlzeiten, die man pro Saison servierte, hatte man bis zu zwei Millionen Anfragen! Der Durchschnittspreis für eine Mahlzeit betrug im vorletzten Jahr allerdings stolze 250 Euro.
Aber nicht nur elBulli hat Rosas dazu verholfen, eine Touristenstadt zu werden, die heute an die fünfzig Hotels zählt. Hier entstand auch der erste Nachtclub an der Costa Brava, noch vor dem Zweiten Weltkrieg. Man holte bekannte Sänger, wie Manolo Escobar, und Tänzerinnen wie La Chunga oder Carmen Amaya (die größte spanische Zigeunertänzerin ihrer Generation) - und hatte auch damit Erfolg bei den Urlaubern.
Schließlich sind es die Stadtfeste, die Publikumsmagneten sind. Die Fiestas sind in ganz Spanien etwas Besonderes - in Rosas hat man zwei wichtige.

Viele Hotels liegen in Santa Margarita, einem Stadtteil entlang der Strandpromenade.
Ein Fest im Spätwinter, im Februar oder März, das gleichzeitig fünf Tage lang als Karneval gefeiert wird. Und dann die Fiesta Mayor am 15. August, zu Ehren der Himmelfahrt Marias. Bei diesen Festen gibt es Umzüge mit Wagen, manchmal auch ein Fischgericht oder den lokalen Cremàt, eine Form von Glühwein, der unter speziellen Traditionen zubereitet wird. Oft bietet auch ein Feuerwerk eine spezielle Attraktion bei den Fiestas.


© Bernhard Kauntz, Wolvertem, Belgien 2013



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