Traunkirchen - bis 1856 Endstation


Wenn Sie, lieber Leser, glauben, dass das Schreiben dieser Seiten ganz ohne Mühe zu erledigen wäre, dann muss ich Ihnen diesen Glauben nehmen. Ich meine nun nicht die Mühsal des Schreibens - im Gegenteil, das Erzählen macht mir Spaß. Die rein körperliche Anstrengung dagegen ist nachzuvollziehen, wenn Sie den Kalvarienberg in Traunkirchen erklimmen wollen. Ich habe es nur zu drei Fünftel geschafft, wenngleich ich schon vorher ... aber lassen Sie mich von Anfang an erzählen.

Die auf den in den See hinausragenden Felsen gebaute Kirche hat im Vorbeifahren schon öfter meine Aufmerksamkeit und meine Neugier geweckt. Endlich beschloss ich, von Bad Ischl in meine Pension in Gmunden "heimkehrend", in Traunkirchen auszusteigen, um das verlockende Objekt doch ein wenig näher unter die Lupe zu nehmen.

Wenn man mit dem Zug fährt und nach Traunkirchen will, erscheint es wohl natürlich, am Bahnhof Traunkirchen auszusteigen. Wie soll ich Ihnen das Gefühl vermitteln, wenn der Schnellzug nun an besagter Kirche vorbeifährt, ohne das Tempo zu verringern, und dann erst nach ein paar Kilometern am Bahnhof Traunkirchen hält?

Nun, aber für die Kultur muss man auch Opfer bringen können - deshalb mache ich mich unverzagt daran, am Seeufer den gut halbstündigen Weg zurück zu gehen. Ein Tipp gleich vorweg: nehmen Sie nicht den Schnellzug - jeder zweite Zug ist ein Personenzug, der auch an der Haltestelle "Traunkirchen Ort" hält, von wo es nur einige Minuten hinunter ins Zentrum sind.

Unterwegs rufe ich mir ins Gedächtnis, was ich schon vorher über Traunkirchen gelesen habe. Erst 1856 wurde die Straße "durch den Berg" gebaut; vorher musste man, wollte man weiter nach Süden, hier in ein Schiff umsteigen, weil der Große und der Kleine Sonnstein ein weiteres Vordringen unmöglich machten. Es ist jedoch auch klar, dass eine solche "Endstation" die frühe Bildung eines Ortes begünstigte.

Nicht nur Reisende nach Süden brauchten hier einen Umsteigeplatz, aus entgegengesetzter Richtung kamen die Salzschiffe aus Hallstatt, um hier ihre Last auf Landtransporte umzuladen. Das spätestens im 10. Jhd. gegründete Kloster, auf dem Platz der heutigen Pfarrkirche, trug auch seinen Teil dazu bei, Traunkirchen bekannt zu machen.

Im 19. Jhd. war hier, wie im übrigen Salzkammergut, ebenfalls viel Prominenz zu finden, die ihren Urlaub verbrachte, wenngleich es nicht um Hochadel wie in Bad Ischl oder Gmunden handelte. Arnold Schönberg, Alban Berg und Johann Nestroy gehörten zu den wiederkehrenden Gästen, um einige zu nennen. Theophil von Hansen erbaute zu dieser Zeit die sogenannte Russenvilla für die Gräfin Pantschoulidzeff, die ihrerseits Gäste wie Arthur Rubinstein, Rainer Maria Rilke und Adalbert Stifter beherbergte.

Endlich in der Ortsmitte angekommen, führt mein erster Weg in die Touristeninformation, wo ich neben einem Stadtplan auch - wie im gesamten Salzkammergut - freundliche und kompetente Hilfe erhalte. Danach ist mein weiterer Weg vorgezeichnet.

Ich muss natürlich hinauf auf den vorhin genannten Felsen, um "meiner" Kirche einen Besuch abzustatten. Die Kirche ist zwar nur eine Kapelle, Johannes dem Täufer geweiht, was aber meinem Eifer keinen Abbruch tut. Auf zwar sich windenden, aber dennoch steilen Pfaden erreiche ich die Spitze des Johannesberges, der vormals Odinstein genannt worden war. Hier soll früher ein Heidentempel gestanden sein. Die Johanneskapelle wurde erstmals 1356 erwähnt, ist aber vermutlich älteren Ursprungs.

Leider ist das Bauwerk geschlossen, was vielleicht durch einen Diebstahl zu erklären ist, der hier vor einigen Jahren geschah. Mein Weg hinunter führt über Steinstufen, die aus einem abgetragenen Turm der damaligen Klosterkirche stammen, weil dieser bei Sturm so stark schwankte, dass man Angst hatte, er könnte abbrechen. Diese Klosterkirche, die heutige Pfarrkirche, ist mein nächstes Ziel.

Danach entnehme ich einem Prospekt der Touristeninformation, dass es auf dem Kalvarienberg noch eine Kapelle gibt. Ich lasse es auf einen Versuch ankommen, obwohl der beschreibende Text so beginnt: "Über viele, im Jahr 1739 verlegte Steinstufen erreicht man nach vier Andachtskapellen die Hauptkapelle auf dem zentral gelegenen Kalvarienberg." Nun, es sind wirklich viele Stufen und bei der dritten Kapelle gebe ich auf. Ich überlasse es Ihnen, geneigter Leser, diesen Weg selbst vorzunehmen ....



© Bernhard Kauntz, Västerås 2003

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last update: 7.10.2003 by webmaster@werbeka.com