Wien 1., Das Phantastenmuseum


Als ich bei meinen Stadtwanderungen am Josefsplatz vorbeikam, sah ich, dass man hier im Jahr 2011 ein sogenanntes Phantastenmuseum eingerichtet hatte. Es liegt im Palais Palffy, einem Gebäude, das schon im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Es hat eine - heute schon ziemlich abgenützte - Renaissancefassade und außer die Phantasten zu zeigen, gibt man auch Konzerte im Haus, vorwiegend Mozart und Strauss. Teils hatte Mozart hier selbst gespielt, teils wurde seine "Figaros Hochzeit" hier uraufgeführt.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich daran vobeiging; so wenig einladend sah es aus. Aber der Name "Phantastenmuseum" regte meine Neugierde an und als ich ein paar Tage später nocheinmal vorbeiging, sah ich näher hin, um zu erfahren, was mit "Phantasten" eigentlich gemeint war. Nun, es geht um eine Kunstausstellung der "Phantastischen Realisten".

Da gibt es Namen wie Arik Brauer, Wolfgang Hutter oder Ernst Fuchs, über dessen Villa ich bereits geschrieben habe und über dessen Werk ich auch eine Seite in die Galerie gestellt habe.
Andererseits gibt auch die kurzgefasste Broschüre an, dass es hier um "phantastische Kunst" geht. Ich finde diese Bezeichnung ganz falsch, denn sie führt die Gedanken zweifellos zu all den abstrakten Werken, die heutzutage die Welt überschwemmen.


Der "Phantastische Realismus" dagegen sagt ja aus, dass hier nicht irgendwelches Gekleckse oder unförmige Stahl- oder Betonklötze ausgestellt werden, sondern dass die Dinge zwar phantastisch, aber realistisch abgebildet sind.

Stephansdom - Kurt Regschek

Selbstbildnis - Ernst Fuchs

Das ist natürlich etwas anderes. Nicht zuletzt bin ich ein glühender Anhänger von Salvador Dalí. Der Surrealismus war wohl der Vater des Phantastischen Realismus. - Also hinein mit mir. Dafür bezahle ich sogar die neun Euro, die man von mir verlangt. Es steht zwar in keiner Relation zum Umfang der Ausstellung, die gerade einmal die Größe von vier normalen Zimmern beansprucht - aber bitte ...

Ohne Titel - Andreas N Franz

Borderline - Katrin Alvarez

Drinnen ist gleich eine Brandrede abgedruckt, der ich aber durchaus zustimme. Da heißt es zum Beispiel:
"Was als gültige Moderne ausgegeben wird, ist eine dünne Kruste erkalteter Kuratorenkunst, die auf dem glühenden Erdkern der Phantastik, des Surrealismus und des Visionären schwimmt." Aber auch ein Brief von Hundertwasser an einen Verlag, doch ein Buch über die Wiener Schule des phantastischen Realismus herauszugeben, ist angeschlagen. Hier schreibt er: "So ein Buch ist schon deshalb fällig, weil die negativistische, von einer pseudo- intellektuellen Mafia gelenkte und geförderte "Kunst" sich selbst auf den Müll wirft. Die Menschen sehnen sich wieder nach einer Malerei, die fein mit dem Pinsel geschaffen wird."
Wie wahr!

Amanda from Boras visiting Venus from Urbino - Krassimir Kolev

Persephone - Rainer Stern

Außerdem gibt es einen Raum, der den Künstlern gewidmet ist, in dem Tücher von der Decke hängen, mit je einem Bild, kurzen Daten und Aussagen von anderen Leuten über den jeweiligen.
Natürlich haben andere auch Daphne dargestellt, als sie gerade in einen Lorbeerbaum verwandelt wird, natürlich ist es ein Vorteil, wenn man den Stephansdom in Wirklichkeit gesehen hat und natürlich ist es auch gut, wenn man weiß, dass die Venus von Urbino (von Tizian gemalt) in genau der gleichen Stellung liegt, wie die Venus von Kolev. Aber ich glaube trotzdem, dass jeder an der Ausstellung Gefallen finden kann, schließlich geht es ja darum, was man selbst in einem Bild "sieht". Mein Favorit ist das Bild rechts, weil es so optimistisch und lebenskräftig ist. Selbstverständlich kann der Saft des Baumes nicht durch das Metall der Axt steigen und auch nicht durch das tote Holz des Schaftes - und trotzdem geschieht es!

Ich habe die neun Euro jedenfalls nicht bereut.


Auswuchs - Wolfgang Rose

© Bernhard Kauntz, Västerås 2014


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Seite erstellt am 17.7.2014 by webmaster@werbeka.com