GESCHICHTE UND GESCHICHTEN
AUS DEM 18. JAHRHUNDERT

Die Würzburger Lügensteine

Am Anfang des 18. Jahrhunderts war die Wissenschaft noch nicht weiter, als dass man die ersten Fossilien als solche erkannt hatte. Man hatte aber noch keine Ahnung, wie sie entstanden waren. Das erklärt, wie der folgende Betrug überhaupt möglich war.
Professor Johann Beringer war Arzt und Philosoph, sowie Leibarzt des Fürstbischofs von Würzburg. Die Mediziner dieser Zeit hatten es auch auf sich genommen, die Natur zu erkunden, also die Fauna, die Flora und die Mineralien.
Im Jahr 1725 kamen drei Teenager zu Professor Beringer und zeigten ihm seltsame Steine.
Diese waren überwältigend. Sie zeigten Pflanzen und Tiere, zum Teil aber auch Abbildungen von Sonne und Mond, sowie hebräische Schriftzeichen. Anfangs war Professor Beringer misstrauisch. Aber die Jungen erzählten ihm, wo sie die Steine gefunden hatten und als der Professor dort selbst zu graben begann, fand er weitere Objekte.
Er beauftragte die Jungen, weitere Stücke zu sammeln - was insgesamt etwa 2000 Funde ergab - die der Professor um mehr als 300 Reichstaler erwarb.
Im Jahr darauf gab Beringer ein Buch heraus, das er "Lithographiae Wirceburgensis: specimen primum" nannte. (Die Abbildungen sind aus diesem Buch.) Einer alten Lehre nachgehend, glaubte der Professor, dass alle Lebewesen vor ihrer Erschaffung in Stein gehauen wurden und erklärte so seine "Figurensteine".
Erst 1932, kurz vor der Ausgabe eines zweiten Bandes, entdeckte er den Betrug. Die Legende erzählt, dass Beringer schließlich einen Stein fand, auf dem sein eigener Name eingeritzt war. Der zweite Band erschien dann nicht mehr ...
Er vernichtete viele Stücke seiner Sammlung, aber von den 2000 haben sich bis heute ungefähr 600 erhalten. Teils hatte Beringer sie an Kollegen geschickt, um deren Gutachten zu bekommen, teils hatte er etliche Exemplare selbst verschenkt.
Inwiefern die Jugendlichen diesen Plan ausgeheckt und dann die Fundstücke "erzeugt" hatten, weiß man nicht.
Man weiß jedoch, dass zwei seiner Kollegen dem Professor etliche Artefakte zukommen ließen, nämlich Ignatz Roderique, Professor für Geographie, Algebra und Analysis, sowie Johann Georg von Eckhart, Hof- und Universitätsbiliothekar. Man sagt, dass die beiden auf diese Art Professor Beringer seine Arroganz zurückzahlen wollten.


Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2013


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28.10.2013 by webmaster@werbeka.com