Piazza dei Miracoli
und die Geschichte von Pisa


Pisa verknüpfen wohl die meisten mit dem "schiefen Turm", der natürlich auch die größte Attraktion der Stadt ist. Einige wissen wohl, dass der Turm eigentlich der Kampanile des Domes in Pisa ist, aber nur wenige Menschen wissen, dass der Turm und der Dom nur einen Teil der Sehenswürdigkeiten auf der Piazza dei Miracoli ausmachen. Hierzu gehören auch das Camposanto Monumentale, die Begräbnisstätte vergangener Jahrhunderte, das Baptisterium und zwei Museen, nämlich das Dommuseum und das Sinopienmuseum. Eine Sinopie ist eine Vorzeichnung, eine Skizze zu einer Freskenmalerei.
Was aber alle überrascht wenn sie die Piazza betreten, ist die Harmonie in grün und weiß, die der Platz ausstrahlt. Man wird von der Schönheit des Platzes so sehr beeindruckt, sodass man fast vergisst, dass man wegen dem schiefen Turm gekommen ist. Eigentlich heißt dieser Platz "Piazza del Duomo", also Domplatz - aber ich verstehe durchaus, dass man ihn als Mirakel sehen kann.
Wenn man die Geschichte von Pisa nachliest, sieht man, dass die Stadt uralte Ahnen hat. Vermutlich gab es hier schon äneolithische Siedlungen. (Das Äneolithikum liegt zwischen der Jungsteinzeit und der frühen Bronzezeit, als man gerade die Metallgewinnung entwickelte. Ein anderer Name dafür ist Kupfersteinzeit.) Mit Sicherheit belegt sind aber etruskische Siedlungen ab dem 6. Jhd. v. Chr., wenngleich Pisa damals vermutlich nur ein kleiner Fischerort war. Zur Römerzeit wuchs die Bedeutung der Stadt, denn die Römer konnten den Hafen für die Kriege gegen Norden und Westen gebrauchen.
Der Legende nach soll der Apostel Petrus im Jahr 47 die Pisaner zum ersten Mal mit dem Christentum bekannt gemacht haben. Nach dem Fall des römischen Imperiums folgte eine Zeit der Besetzung durch Germanenstämme. Später entwickelte sich Pisa zu einer großen Seefahrtsrepublik, die sich im Kampf mit den Sarazenen hervortat. Mit Sarazenen versteht man hier arabische und maurische Vorstöße islamitischer Stämme nach Norden.
Im elften Jahrhundert eroberte Pisa aber Sardinien (1046) und Korsika (1052) und half schließlich, die Sarazenen auf Sizilien auch in Schranken weisen. Die Beute aus diesem Kriegszug war so groß, dass man damit die Kathedrale bauen konnte.
Aber schon war ein neuer Feind vor den Toren, bzw. der Küste, nämlich Genua, das 1060 besiegt wurde. Dann eroberte Pisa die Balearen (1115) und 1135 bzw. 1137 schlug man Amalfi, das südlich von Neapel belegen ist und damals eine öknomische Großmacht war. Jetzt stand Pisa auf der Höhe seiner Macht.
Aber das nächste Jahrhundert bedeutete schon den Niedergang. Zur See waren die ständigen Kriege mit Genua ein Problem, zu Land hatte man als kaisertreue Stadt mit dem papstfreundlichen Florenz zu kämpfen. 1254 kam eine entscheidende Niederlage gegen Florenz und dreißig Jahre später wurde die Flotte von genueser Schiffen so gut wie vernichtet. Auch die nächsten zwei Jahrhunderte waren von inneren Streitereien und weiteren Scharmützeln mit Florenz gekennzeichnet. 1509 musste man schließlich die Oberherrschaft von Florenz anerkennen. Die Regierung der Medici brachte aber auch Pisa neuen Aufschwung, wenngleich die Selbständigkeit dahin war. Unter der Herrschaft von Habsburg-Lothringen (ab 1737) wurden dann "die kulturellen Einrichtungen rationalisiert", wie es im Text des Guides so schön heißt. Nach einer Volksabstimmung kam dann 1860 der Anschluss an Italien.
Am 31. August 1943 wurde die Stadt schließlich von den Bomben der Aliierten schwer beschädigt.
Bei der großen Überschwemmung von 1966 stürzte die Solferinobrücke ein und ein Teil der Uferstraße rutschte in den Arno.

So weit die Geschichte der Stadt.
Am Ticketschalter kann man Kombinationskarten für drei oder fünf Gebäude bekommen, nur für den Turm muss man auf jeden Fall extra bezahlen, wenn man ihn besteigen will. Bei dreißig Grad im Schatten ist aber das Stiegensteigen auf gut fünfzig Meter Höhe nicht unbedingt erstrebenswert, deshalb begnügen wir uns mit den anderen fünf Sehenswürdigkeiten.
Und nachdem der Ticketverkauf im selben Haus wie das Sinopienmuseum ist, beginnen wir gleich dort. Die Sinopien haben natürlich unerhörten Wert für Kunstwissenschafter, weil sie ja zeigen, wie der Maler sein Werk konzipiert hat, beziehungsweise wie genau er die Skizzen ausgearbeitet hat, und so weiter.

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Rechts gibt es eine Darstellung des Universums in der Vorstellung der damaligen Zeit mit der Erde in der Mitte - unten sehen wir eine Skizze von Spinello Aretino.
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Was mich jedoch am meisten fasziniert, das ist, dass wir heute Techniken haben, um solche Dinge von einer Wand loszulösen und auf einer anderen wieder aufzutragen. Dazu kommt noch, dass diese Sinopien schon im 14. und 15. Jhd. entstanden sind. Sonst allerdings bin ich Banause genug, um zu sagen, dass ich mir die ausgearbeiteten Werke lieber ansehe.


Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2009



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