Ein ganz berühmter Knochen


Ich wusste von dem Knochen schon seit zehn Jahren, ich hatte ihn sogar schon gesehen und ein Foto davon gemacht.
Aber dann hatte ich irgendwie alle meine Bilder aus dem Jahr 2012 verloren. Als mir jetzt die hervorragende Idee von "heygo" die Möglichkeit gab, das Nationalmuseum Sloweniens wieder zu besuchen, zögerte ich keinen Augenblick. Wir wurden der Expertenführung von "mateja" anvertraut, die in Laibach als Guide arbeitet. Aber mit all ihrem Wissen, würde sie auch eine ausgezeichnete Geschichtslehrerin abgeben.
Gut, um es kurz zu machen - hier ist der Knochen, auf dem Bild rechts. Sie sehen ihn genauso, wie er im Museum ausgestellt wird.
Ja, und? Fragen Sie vielleicht, denn Sie sehen ein abgebrochenes Stück eines Knochens mit ein paar Löchern darin. Richtig, er ist ein wenig abgebrochen, aber dennoch kann man noch immer darauf spielen. Es ist nämlich eine Flöte und im Museum können sie auch die Töne hören, die man damit machen kann. Und wenn Sie bedenken, dass die Person, die diese Flöte gemacht hat, nur ganz einfache Werkzeuge gehabt hatte, dann können Sie sie vielleicht besser einschätzen. Und wenn sie erfahren, dass sie 60.000 Jahre alt ist, dann werden Sie sie noch höher bewerten.
Im Bild rechts oben sehen Sie ein "neues" Modell, das aber mit denselben Werkzeugen angefertigt worden ist, die den Menschen zu der damaligen Zeit zur Verfügung standen. Sie sehen, dass das alte Original oben noch ein drittes Loch hatte und auch eines an der Rückseite.
Nun, dieser Fund schreibt einige Fragen unserer menschlichen Geschichte neu. Denn das geschah in einer Zeit, als unsere heutige Art der Menschheit, der "homo sapiens sapiens", noch gar nicht existierte. Es musste also ein Neandertaler gewesen sein, der dieses Stück herstellte. Wir haben - natürlich - keine Bilder von den Neandertalern.
Aber man hat versucht, ihre Gesichter aufgrund ihrer Schädel aufzubauen. Ganz allgemein wird gesagt, dass die fliehende Stirn und die starke Knochenwölbung hinter den Augenbrauen typisch war. Das Wichtigste aber war, dass man nicht glaubte, dass die Neandertaler kulturelle Aktivitäten pflegten. Die Höhlenmalereien und die Schnitzereien von einfachen Figuren, die wir kennen, sind allesamt jünger.
Man nimmt an, dass sie von unserer eigenen Art erschaffen wurden. Die Knochenflöte ist also nicht nur das älteste Stück von menschlicher Kultur, sondern es bedeutet auch, dass wir die Geschichte neu schreiben müssen.
Im Museum wird auch gezeigt, wie man eine solche Flöte herstellen kann. Man braucht einen Oberschenkelknochen von einem großen Tier, vielleicht von einem Höhlenbären. Es wird gesagt, dass dieser etwa die zweifache Größe unserer Braunbären hatte. Wenn sich solch ein Bär auf die Hinterbeine stellte, überragte er einen Menschen wohl um vier oder fünf Meter.
Auch die Neandertaler wohnten in Höhlen und es war in einer solchen, der Divje Babe Höhle, wo ein Team von Archäologen vor etwa 25 Jahren die Flöte in der Nähe einer Feuerstelle fanden. Das Feuer wurde benötigt, weil die Temperatur in diesen Höhlen zwar das ganze Jahr hindurch recht stabil war, aber nicht sehr stark von einem Durchschnitt von zehn Grad Celsius abwich. Und, wie wir vorher schon erwähnten, wurde die Flöte unter dem Schädel eines Höhlenbären gefunden.
Übersetzt bedeutet Divje Babe etwa "wildes Baby" oder "wilde Frau", wobei letzterer Ausdruck oft für Hexen gebraucht wurde. Deshalb kennt man Divje Babe auch unter dem Namen "Hexenhöhle".
Karel Dežman (auf Deutsch Deschmann), rechts im Bild, war der erste Direktor des Museums, das wir eben besuchen. Er wird als einer der Väter der modernen Archäologie in Slowenien angesehen. Er fand auch die Pfahlbauten im Ljubljanamoor, die man auf dem untenstehenden Bild sehen sehen kann. Die Siedler wohnten nah an einem See, dessen Wasserhöhe gewaltig schwankte, nachdem er sich mitten in einem Moor befand. Deshalb bauten die Menschen ihre Häuser auf Pfählen.
So waren sie vor den immer wiederkommenden Überschwemmungen geschützt. Diese Bauten waren etwa zwischen 3000 - 1550 v.Chr. bewohnt.
Nachdem wir schon im Museum waren, zeigte mateja, unser Guide, noch einige andere interessante Ausstellungsstücke. Zwei davon will ich erwähnen, obwohl dieser Artikel hauptsächlich der Flöte gewidmet ist. Zunächst stand da ein seitlich abgebrochenes Gefäß. Ganz oben gleicht es einem Bärenkopf, aber der Rest der Figur erinnert mehr an einen Menschen. Und in die ganze Figur sind Andreaskreuze eingeritzt. Aber dieses Symbol steht auch für das Sternzeichen des Orion. Es ist sehr seltsam, dass gerade diese Gruppe in der ganzen Welt bei so vielen verschiedenen Kulturen bedeutungsvoll ist. Wir finden Erwähnungen in Ägypten, in Südamerika und auch in Europa. Und überall wird Orion an Plätzen erwähnt, die schon tausende Jahre alt sind.
Aber nachdem niemand wirklich weiß, wie man dieses Stück deuten soll, mache ich selbst einen Versuch: In den Sechzigerjahren schlug Erich von Däniken vor, dass unsere Erde von Aliens besucht worden war, die unsere Gesellschaften beeinflussten oder auch entwickelten.
Däniken führt auch an, dass Orion der Ort ihrer Heimat sein könne. Warum kann unser Gefäß nicht ein heiliger Behälter gewesen sein, einer Bärengöttin oder einem Bärengott gewidmet? Also sozusagen ein Konglomerat zwischen bodenständiger Anbetung und der der "Götter"?
Ja, ich weiß, dass das eine ziemlich wilde Theorie ist, aber sie hat den Vorteil, dass sie alle drei Charakteristika dieses Stücks zusammenfügt. Außerdem ist diese Theorie auch nicht schlechter als irgendeine andere ...
Schließlich zeigte uns unser Guide noch ein bemerkenswertes Ausstellungsstück. Es sind die reichlichen Funde aus einem weiblichen Grab. Alle Schmuckstücke liegen an der Stelle, an der sie am Körper gefunden wurden.
Vermutlich war es eine gesellschaftlich hochstehende Frau, wenn man die vielen Grabbeigaben bedenkt. Ganz oben gibt es zwei Halsketten, dann einige Armringe und schließlich hatte die Dame auch etliche Ringe an ihren Beinen. Am Ende des Grabes hatte man genügend Essen dazugestellt, damit sie auf ihrer letzten Reise auch nicht hungrig sein brauchte.
Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich, mit Hilfe einer hervorragenden Fremdenführerin, eine faszinierende Stunde auf heygo verbracht habe.
Danke schön.

© Bernhard Kauntz, Västerås 2022



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