Die Marchfeldgalerie - ein Zukunftskonzept?


Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Mein Bruder sollte einen Artikel über eine Vernissage schreiben und fragte mich, ob ich mitkommen wolle. Nun, eine Ausstellung ist immer interessant, weil man manchmal selbst neue Anstöße bekommt, oder ganz einfach weil man ab und zu auf unerwartet gute Bilder stößt.

 
Die Werbung war einfach, das Lokal trotzdem zum Bersten voll

Auf meine Frage, was denn das für Vernissage sei, erzählte er mir, dass sich ein Möbelhaus dazu entschlossen hatte, in seinen Räumen die Künstler der näheren Umgebung - des Marchfelds, nördlich von Wien - zu einer Zusammenarbeit aufzufordern. Voraussetzung ist, dass man im Marchfeld geboren, beziehungsweise dort tätig ist. Durch Los wird einer der Künstler ermittelt, der bei der jeweiligen Gelegenheit mehr Platz bekommt, um seine Werke zu zeigen. Alle anderen dürfen mit je einem Bild und einer kurzen persönlichen Beschreibung ihrer Tätigkeit repräsentiert sein. Heute wird das Projekt aus der Taufe gehoben, dann will man vierteljährlich die Werke austauschen. Hauptaussteller bei der Premiere ist der schon durch Schnitte, Illustrationen, etc. renommierte Gottfried "Laf" Wurm.


Der Hauptaussteller Gottfried "Laf" Wurm mit einem Teil seiner Werke

Natürlich machte mich das Gehörte noch neugieriger, weil ich gespannt war, wie man die Verschmelzung von Kunst und Möbel realisieren wollte und wie ein solches Projekt in einem kleinen Ort wie Strasshof an der Nordbahn, mit nur etwa 10 000 Einwohnern, aufgenommen werden würde.

Letztere Frage wurde schon bei unserem Eintreffen beantwortet, denn in dem Möbelgeschäft war es wirklich gesteckt voll. Schätzungen der Besucheranzahl beliefen sich auf zwischen 300 und 500 Schaulustige, darunter auch Repräsentanten der Politik, der Wirtschaft und natürlich auch aus Künstlerkreisen.

 
Die Bilder und die Möbel waren gut aufeinander abgestimmt

Die Vernissage wurde mit Hilfe von Poesie und musikalischen Darbietungen eingeleitet, sowie anderen eindrucksvollen Einlagen, zum Beispiel als man den Raum verdunkelte und dann Lichter für die Kunst entzündete. Eine der nettesten Gesten war jedoch die eigentliche Eröffnung. Herr Doschek, Besitzer des Möbelhauses, beendete die Einleitung mit den Worten:

Die Ausstellung wird von der Prominenz eröffnet

"Und damit bitte ich die Prominenz die Ausstellung zu eröffnen."

Pause. Niemand rührte sich, logischerweise. Nach einer Weile fuhr Herr Doschek fort:

"Nun, fühlt sich niemand prominent genug? Aber Sie alle, die heute gekommen sind, gehören zur Prominenz und deshalb bitte ich alle, an der Eröffnung teilzunehmen. Wir haben durch den ganzen Raum ein Band gelegt und werden jetzt Scheren verteilen - bitte weitergeben - sodass sich jeder von Ihnen ein Stück des Bandes abschneiden kann und so zur Eröffnung beiträgt."

Bald hatte jeder der Gäste stolz ein Stück des Bandes um den Arm gebunden oder in die Brusttasche gesteckt und wurde dadurch zu einem Teil des Ganzen, in die Gemeinschaft einbezogen.

Bei der nachfolgenden Besichtigung der Werke wurde ich wieder positiv überrascht, teils von der geschmackvollen Integration von Möbeln und Bildern, teils - und nicht zuletzt - von der Qualität der ausgestellten Werke, da ja die allermeisten der 74 Künstler mehr oder weniger auf Amateurniveau arbeiten.


Zwei meiner persönlichen Favoriten

Auf jeden Fall war es ein äußerst gelungener Abend mit einer ganz neuen Sponsorkonstellation, da man seitens der Firma Doschek weder Ausstellungsgebühren noch prozentuellen Anteil der Verkaufserträge von den Künstlern verlangt. Ich hoffe, dass dieses Projekt in weiten Kreisen Nachahmung findet - zum Besten der Kultur - und wünsche der Marchfeldgalerie, dass der überaus gelungene Einstand sich weiterhin in vollem Erfolg niederschlägt.



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9.10.2003 by webmaster@werbeka.com