Das Sisi-Museum in der Hofburg


Wenn man das Sisi-Museum sehen will, bekommt man eine Kombinationskarte mit den Kaiserappartements und der Silberkammer. Natürlich herrscht überall strengstes Fotoverbot - lächerlicherweise, da es die Kaiserzeit schon seit fast 100 Jahren nicht mehr gibt. Wessen Copyright soll man denn da schützen wollen? Die Sammlungen gehören dem Staat. Der Staat sind die Mitbürger. Also ... Im Sisi-Museum hat man außerdem versucht, das Fotografieren durch Spiegelungen, Lichteinfall, etc. zu erschweren, wenn nicht gar unmöglich zu machen.

Es beginnt ganz dramatisch mit der Totenmaske der Kaiserin, wie um den Besucher nicht vergessen zu lassen, welch tragisches Schicksal diese Frau durchleben musste, schon bevor sie ihrem Mörder begegnete. Natürlich hatte das fünfzehnjährige Mädel keine Ahnung, worauf sie sich einließ, als sie einen Kaiser heiratete.

Für sie war es damals vermutlich nur romantisch, einen echten Kaiser zu treffen, der außerdem noch "außer Dienst" war und Zeit für Vergnügen hatte. Vielleicht war auch eine persönliche Note dabei, die ältere Schwester ausstechen zu können. Natürlich war es für das "Sonnenkind" ein Erlebnis, die Ehrungen zu empfangen, als sie als zukünftige "Landesmutter" in Österreich einzog. Wie anders war dann die Wirklichkeit am Hof, noch dazu mit einem so pflichtbewussten Ehemann, wie Franz Joseph es war. Für die - ohne Zweifel von daheim verwöhnte - Prinzessin verschwand die Leichtigkeit des Lebens hinter dem Hofzeremoniell bei allen Repräsentationsaufgaben. Man stelle sich nur die vielen Länder vor, deren Wappen sie auf dem Bild umgeben, für die sie die Staatschefin war.
Das Bild zeigt die Kaiserin im Rubinschmuck, das ausgestellte Stück ist allerdings nur ein Druck nach einem Ölgemälde von Georg Raab.
Sie selbst wusste schon ein paar Tage nach ihrer Hochzeit, dass sie den falschen Weg eingeschlagen hatte, was in folgenden Zeilen zum Ausdruck kommt:
"Oh, dass ich nie den Pfad verlassen,
der mich zur Freiheit hätt geführt.
Oh dass ich auf der breiten Straßen
Der Eitelkeit mich nie verirrt!"

Das zeigt natürlich nicht von allzu großer Liebe zu Franz Joseph, knappe neun Monate nachdem sie sich mit ihm verlobte. Dies geht allerdings auch aus den anschließenden Kaiserappartements hervor. Der Kaiser hatte ein nahezu lebensgroßes Brustbild seiner Frau auf seinem Schreibtisch stehen, das den ganzen Raum dominiert, während auf Elisabeths Schreibtisch eine Tischuhr das höchste der Gefühle ist. Das ist eine weitere Tragik in der Geschichte der beiden, dass Franz Joseph sie sein Leben lang vergötterte, sie jedoch, gelinde gesagt, äußerst zurückhaltend war. Auch die Klingel, die der Kaiser betätigen musste, wenn er in die Räume seiner Frau kommen wollte, ist ein Zeichen dafür. Von einer Klingel in die andere Richtung ist nämlich nichts bekannt. Andererseits wird sie wohl nicht so oft zu ihm gekommen sein ...
Dass im Museum einige von Sisis Gedichten in ihrer Handschrift an die Wand projiziert werden, ist eine nette Idee. Man notiere die Doppelschreibung der Konsonanten mit einem Strich darüber, wie es früher üblich war. Der Reim von "Sonne" auf "Throne, Krone und wohne" ist nicht ganz glücklich, aber man möge ihr diese dichterische Freiheit zugestehen.

"Ich bin ein Sonntagskind, ein Kind der Sonne;
Die goldnen Strahlen wand sie mir zum Throne,
Mit ihrem Glanze flocht sie meine Krone,
In ihrem Lichte ist es, dass ich wohne,
Doch wenn sie mir je schwindet, muss ich sterben."

Das "Sonntagskind" zeugt von einem starken Ego, ist aber gleichzeitig ein Widerspruch zu ihrer Abscheu auf Repräsentation. Dort hätte sie ja wirklich im "Licht der Sonne wohnen" können. Wenn man schon seit Kindesbeinen die Krone (und sei es auch nur eine Herzogskrone) sogar auf den eigenen Schuhen sieht, dann entwickelt man wahrscheinlich ganz automatisch das Gefühl von "ich bin jemand". Aber vermutlich wollte sie ohne Zwang des Hoflebens im Licht der Sonne stehen.
Dass sie nach Geburt des Sohnes, Rudolf, in eine tiefe Depression fiel, ist auch kein Wunder. Jetzt hatte sie den Thronfolger geboren, damit hatte sie einen Teil ihrer Aufgabe als Kaiserin erledigt und bekam logischerweise weniger Aufmerksamkeit als vorher.
Dann aber würde gerade diese Depression dazu führen, dass sie einen Alleinurlaub auf Madeira antrat - und selbstbewusster denn je wieder nach Hause kam.
Die Statue von Hermann Klotz, die sie "hoheitsvoll schreitend" darstellt, gibt es heutzutage in allen möglichen Größen. Die in lebensgroßer Form wurde aber von Franz Salvator, der mit der Tochter Marie Valerie verheiratet war, der Republik(!) geschenkt.
Die Kaiserin war ohne Zweifel eine Schönheit und sie war sich dessen durchaus bewusst. In ihrer Stellung kann man es sich zum Beispiel leisten, das Haar täglich zwei bis drei Stunden lang kämmen zu lassen. Man kann sich auch diversen Schönheitskuren hingeben, für die die Normalbevölkerung weder Zeit noch Geld aufbringen kann. Man zeigt einige ihrer Rezepte in der Ausstellung.
Zur Schönheitspflege gehörte natürlich auch die schlanke Linie. Wir sehen eine von ihr - oft verwendete - Personenwaage, die ihr Gewicht unter fünfzig Kilo halten musste. Und das bei einer Größe von über 170 cm. Auch ihre Taille von nur gut 50 cm ist zwar ungewöhnlich, aber vielleicht trotz allem nicht zu gesund.
Aus der Silberkammer stammt das Bild der Entenpresse. Diese wurde 1842 in Paris erfunden, um den Saft aus Geflügelknochen herauszupressen und ihn, mit Rotwein vermischt, zu gebratener Entenbrust zu servieren. Deshalb auch der Name Entenpresse. Sisi allerdings verwendete die Entenpresse, um Saft aus Kalbfleisch pressen zu lassen, den sie entweder roh trank, oder nicht. In der Silberkammer behauptet man, dass dies der Fall war - einen Stock höher, im Sisi-Museum, verneint man das. Der Saft wäre gewürzt und abgekocht worden, bevor ihn die Kaiserin zu sich nahm, sagt man dort.
Wie dem immer auch sei, ob roh oder abgekocht, es hätte vielleicht nicht geschadet, wenn die Kaiserin ein bisschen mehr in der realen Welt verankert gewesen wäre. Ab dreißig ließ sie sich nicht mehr fotografieren, die letzten Gemälde für die sie Modell stand, entstanden in einem Alter von zweiundvierzig Jahren.
Das ist - ihre Hoheit möge mir das entschuldigen - ziemlich krank. Aber natürlich trug dies zu dem Kult bei, der nach dem Tod der Kaiserin um sich griff.
Denn zu Lebzeiten war Sisi lange nicht so legendär, wie sie es später wurde, nicht zuletzt durch die Sissi-Filme von Ernst Marischka. Nachdem sie, wo es nur ging, der Öffentlichkeit entfloh, war sie klarerweise auch kein Thema für die Zeitungen.
Kein Wunder, dass sie in einem ihrer Gedichte schon 1885 schreibt:
"Ich wandle einsam hin auf dieser Erde,
der Lust, dem Leben längst schon abgewandt,
es theilt mein Seelenleben kein Gefährte.
Die Seele gab es nie, die mich verstand."

Vielleicht nicht, denn eine Seele, die so viel Egoismus "theilen" könnte, kann es so schnell nicht geben. Sie hatte, trotz allem, das Glück, Franz Joseph zum Gatten zu haben, der sie unterstützte wo es nur ging, obwohl sie alles tat, um von ihm fort zu kommen. Ihm, nicht ihr, gehört der legendäre Nachruf!

Der hellste Teil im Leben der Kaiserin ist wohl mit Ungarn verbunden. Natürlich war es das Interesse am Reiten, das ihr hier die Möglichkeit zur Erfüllung gab, nicht zuletzt aber dürfte die Mentalität der Ungarn einen ziemlich großen Kontrast zum Hofleben in Wien gebildet haben - und wie eng sie mit dem Grafen Andrassy verbunden war, das wissen wohl nur die beiden selbst.
Sie lernte, ohne sonstiges Sprachentalent, eifrig Ungarisch und sie holte sich ein Mädchen vom Land aus Ungarn, das bald zu einer Vertrauten wurde. Wie die Kleine an den Hof kam, ist heute noch immer eines der Geheimnisse der Kaiserin. Hierüber findet man allerdings in der Ausstellung nichts. Oh, nur keine Skandale, die ihren Ruf und den Mythos zerstören könnten ...
In den Dreißigerjahren brachte das "Kleine Volksblatt" einen bebilderten Fortsetzungsroman über die Kaiserin - hier sehen wir Sisi zur Königin von Ungarn erhoben. Dass sie im Jahr darauf ihr Kind in Ofen, dem damaligen Budapest, entbinden wollte, ist eine weitere Extravaganz. Andererseits brachte es viel Goodwill von Seiten der Ungarn.
Nach dem Freitod von Sohn Rudolf trug Sisi nur mehr schwarz und zog sich - wenn möglich - noch mehr zurück. Auf Korfu ließ sie sich das sogenannte Achilleion bauen, weil der Held der Ilias, Achill, ihr großes Idol war. Allerdings, als es fertig gebaut war, hatte sie schon wieder das Interesse verloren und wollte es verkaufen.
Für ihre Reisen baute man sogar ein "Hofwagen-Ensemble", das aus Salonwagen und Schlafwagen bestand. Wieder ist es typisch für Sisi, dass sie die Wagen außen sehr unauffällig, im Inneren aber sehr luxuriös ausgestattet haben wollte. Hier im Museum findet man eine Rekonstruktion des Schlafwagens, das Original ist jedoch im Technischen Museum von Wien zu sehen.
Aber auch Reisen konnten die Rastlosigkeit der Kaiserin nicht zähmen. "Die Reiseziele sind nur deshalb begehrenswert, weil die Reise dazwischen liegt", sagte sie selbst.
Aber es ist wohl so, dass man, wenn man nur an sich selbst interessiert ist, früher oder später sogar vom eigenen Ich genug bekommt, noch dazu, wenn der Körper des Ichs nicht mehr die Schönheit und Wendigkeit der Jugend aufrecht erhalten kann. So wird ihre Todessehnsucht auch leichter verständlich. Im Mai 1898 schrieb die jüngste Tochter, Marie Valerie, in ihr Tagebuch: "Heute sagte Mama wieder, sie ersehne oft den Tod..."
Wenige Monate später, im September desselben Jahres, wird sie das Opfer des Attentäters Luigi Lucheni, der sie mit dieser Feile ersticht.
Ebenso tragisch, wie eigentlich das ganze Leben der Kaiserin, ist, dass der Attentäter nach Genf gekommen war, um den Prinzen von Orléans zu töten. Dieser änderte jedoch seine Reiseroute im letzten Augenblick. So wurde Kaiserin Elisabeth zum Mordopfer dieses Irren. Aber ihr tragischer Tod ist dann auch ein Teilauslöser der Mythosbildung um Sisi geworden.

© Bernhard Kauntz, Wolvertem 2009


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Seite erstellt am 28.10.2009 by webmaster@werbeka.com