Wien 1., Am Hof


Der Name "Am Hof" geht auf den Hof der Babenberger zurück, der Residenz von Herzog Heinrich II Jasomirgott, die er hier errichtete, als er im 12. Jhd. Wien zu seiner Hauptstadt erkor. Er erbaute den Hof an der Stelle, an der sich schon vor 2000 Jahren das römische Heerlager Vindobona befunden hatte. Hier gab er ein rauschendes, zwei Wochen langes Fest für Kaiser Friedrich Barbarossa, als dieser auf seinem Kreuzzug durch Wien kam. Auch die Minnesänger Reinmar von Hagenau und Walther von der Vogelweide waren hier zu Gast.
Später, als die Habsburger ihr Domizil in der heutigen Hofburg aufschlugen, wurde der Platz Am Hof zum Marktplatz. Ende des 14. Jhd. bekamen die Karmeliter von Albert III das Recht sich hier niederzulassen. Sie erbauten die dreischiffige Klosterkirche, die kurz nach 1400 fertig stand. 1554 wurden Kirche und Kloster an die Jesuiten übergeben, die dort bis 1773 hausten. Danach saß hier der Hofkriegsrat bis 1913.
Im Jahr 1806 verkündete man von der Kirche aus das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, als aus Franz II Franz I wurde.
Aber auch als Richtplatz kam der Platz Am Hof in Verwendung. 1463 wurde ein Bürgermeister der Stadt hingerichtet und 1595 wurde hier ein Urteil über einen Prominenten gefällt, nämlich Ferdinand Graf zu Hardegg, weil er die Festung Raab kampflos an die Türken ausgeliefert hatte. Und weil man gerade dabei war, schlug man auch gleich den Kopf vom Baumeister dieser Festung ab.
Auf Nummer 10 steht das Bürgerliche Zeughaus, das schon im 16. Jhd. verwendet wurde. Hier lagerte man Waffen ein, um im Notfall die Einwohner zur Verteidigung der Stadt ausrüsten zu können. 1732 wurde die Hauptfassade von Anton Ospel neu gestaltet. 1809 plünderte das Heer Napoleons die Waffenvorräte. Im März 1848 stürmte das Volk das Zeughaus im Zug der Revolution dieses Jahres und im Oktober holte man Kriegsminister Theodor Graf Baillet von Latour aus diesem Gebäude. Die rasende Menge erschlug ihn und hängte ihn dann an einer Laterne mitten am Platz auf.
Im Keller des Hauses kann man die Ausgrabungen von einem Teil der Reste des römischen Lagers sehen. Das ehemalige Zeughaus untersteht heute der Feuerwehr, die hier am Platz auch im Besitz des Nachbarhauses, Nummer 9, ist. Hier wurde die Wiener Feuerwehr 1686 gegründet. Sie ist somit eine der ältesten der Welt.
Die Feuerwehr hat auch eine Garage auf diesem Platz, im Märkleinschen Haus auf Nummer 7. Dieses wurde um 1730 von Lukas von Hildebrandt entworfen, später aber verändert. Dort gibt es auch ein Feuerwehrmuseum, das jedoch nur Sonn- und Feiertags geöffnet ist - und auch dann nur zwischen 9 und 12 Uhr.
Zwischen den beiden zuletzt erwähnten Häusern liegt das schmale, rote Renaissancehaus, dessen Rückseite vom Tiefen Graben aus bewundert werden kann.
Mitten am Platz steht eine Mariensäule, die von Kaiser Ferdinand III 1646 versprochen wurde, als Dank dafür, dass die schwedischen Truppen im Dreißigjährigen Krieg Wien nicht angegriffen hatten, sondern wieder nordwärts gezogen waren. Die ursprüngliche Säule war aus Marmor und wurde von Johann Jakob Pock erschaffen. Zwanzig Jahre später wurde sie nach Schloss Wernstein verfrachtet und eine Kopie aus Bronze hier aufgestellt.
Früher gab es noch eine zweite Statue auf diesem Platz.
Dies war ein Reiterstandbild von Feldmarschall Radetzky, das 1892 hier aufgestellt wurde. Auch dieses Denkmal wurde jedoch nach 20 Jahren umgesiedelt. Es steht heute auf der Ringstraße.

Auch wenn sich Am Hof viele schreckliche Ereignisse geschehen sind, gab es auch erfreulichere Dinge zu bewundern. Von der Mitte des 19. Jhd. - und mit Unterbrechungen bis heute - gab es hier vor Weihnachten einen Christkindlmarkt mit allem was dazugehört. Auch der große Flohmarkt, der wegen Platzmangels auf den Naschmarkt umgesiedelt werden musste, ist hier entstanden.

Doch weiter zu den Gebäuden rings um den Platz. Auf Nummer 12 finden wir das Urbanihaus, das schon 1630 in Bau genommen wurde, und selbst da noch auf ältere Fundamentreste gestellt wurde. Seit Anfang des 20. Jhd. ist hier auch der Urbani-Keller beheimatet.

Das Nachbarhaus ist das Palais Collalto. Es wurde um 1670 erbaut und erhielt 50 Jahre später auch noch eine neue Fassade. Ein Schild am Haus vermeldet, dass Mozart im Oktober 1762 hier zum ersten Mal öffentlich in Wien auftrat. Er soll aber auch nachher noch ein öfter gesehener Gast gewesen sein.

Die Häuser 2 bis 6 sind alle im 19. oder 20. Jhd. entstanden.
Auf Nummer 2, heute im Besitz der Bank Austria, gibt es ein Gedenkschild an Henri Dunant, den Gründer des Roten Kreuzes. Den denkwerten Spruch dazu will ich Ihnen nicht vorenthalten: "In der Schlacht bei Solferino besann sich das Weltgewissen zur Pflicht des Erbarmens."
Die Grausamkeit der Schlacht zwischen einerseits Sardinien-Piemont und Frankreich und andererseits Österreich gab Dunant die Idee einer Sanitätertruppe, was 1864 durch die Genfer Konvention auch zustande kam.

© Bernhard Kauntz, Västerås 2008


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Seite erstellt am 15.10.2008 by webmaster@werbeka.com